Presse 2014
(Main Echo Mittwoch, 30. JULI 2014)
Der »Spirit« trägt seit vier Jahrzehnten
Kommz: Am Wochenende geht das Nilkheimer Parkfest in Aschaffenburg in die 40. Runde – Hunderte Ehrenamtliche helfen mit beim Open Air
ASCHAFFENBURG. »Viel Musik und gute Stimmung«, lautete die Bilanz, die der Main-Echo Berichterstatter im Juli 1975 für das erste Nilkheimer Parkfest zog. Auch wenn sich der Name »Kommz« erst etwas später etablierte, der Grundstein für eine erfolgreiche 40-jährige Tradition war gelegt. Von Freitag bis Sonntag geht im Nilkheimer Park in Aschaffenburg das 40. Kommz über die Bühne.
Zwischen 300 und 800 Besucher lauschten bei der Premiere 1975 Volksmusik aus Chile und Bolivien. Es gab einen Dokumentarfilm über den Militärputsch in Chile und Diskussionen zu politischen Themen.
Die Besucherzahl hat sich seitdem ebenso vervielfacht wie die Zahl der Veranstaltungen und der Veranstalter. Heute zieht das dreitägige Festival mit seinem opulenten Musik, Theater und Kinderprogramm, seinen Workshops und anderen Aktionen Tausende Besucher aller Altersgruppen in den Park.
Freiwillig und unkommerziell
Daniel Damm, seit zwei Jahren Vorsitzender der Kommz Gruppe, kennt das Parkfest seit seiner Kindheit. Der 29-Jährige spricht vom besonderen »Spirit« des Festivals. Einen Grund dafür sieht er in der Organisationsform: »Wir machen das alles freiwillig.« Jeder der Gruppe könne das Maß, mit dem er sich einbringen möchte, selbst bestimmen. Das Kommz sei ein unkommerzielles Fest. Überschüsse werden an gemeinnützige Organisationen gespendet, sagt Damm.
Die Gelassenheit und die Begeisterung der Veranstalter übertrage sich auch auf die Besucher. Für die Gruppenmitglieder ist das Kommz ein zweiwöchiges Fest. Viele nehmen Urlaub, um dabei sein zu können. Ab Sonntag vor dem Festivaltermin kampiert das Aufbauteam im Park. Im Lauf der Woche werden Bühnen, Getränkeund Essensstände und die Infrastruktur aufgebaut. Beim Festival selbst kommen Hunderte freiwillige Helfer dazu, die alle ihre Dienstschichten leisten. Nach dem Festival steht der mehrtägige Abbau an. »Es gibt Leute, die verlassen in diesen beiden Wochen den Park nicht«, sagt Damm. »Es ist wie in einer Familie.« Die Mitglieder der Kommz Gruppe kommen aus verschiedenen Berufen, Lebensund Familiensituationen. Dennoch gehört man zusammen.
Wie Daniel Damm ist auch Lea Heeg (29) auf dem Kommz groß geworden. »Es ist eine große Gemeinschaft«, bestätigt die stellvertretende Vorsitzende. Allen gehe es darum, »eine gute Zeit zu haben und einen Beitrag zur regionalen Kultur zu leisten«.
Forum für lokale Bands
Das gelingt den Veranstaltern. Längst hat sich das Kommz zu einem lokalen familientauglichen Festival für alle Altersgruppen entwickelt. Nicht nur bei der Verpflegung der Gäste achte man darauf, möglichst regionale Produkte anzubieten. Auch auf der Bühne kommen lokale Bands zum Zug. Vor allem der Freitagnachmittag gehört dem Musiknachwuchs aus dem Raum Aschaffenburg. Dasselbe gilt für die DJs im Römerbad und in der Sektbar. Seit Anbeginn ist Mitmachen angesagt: Man achte darauf, dass die Besucher nicht nur konsumieren, sagt Damm: Musik, Malund Bastel Workshops sind seit den Gründungsjahren Teil des Festivals.
Wie in anderen Vereinen geht es bei den monatlichen Treffen der KommzGruppe oft um Details: Neuerungen wie geänderte Struktur der Eintrittspreise, die Einführung des Kommz Aschenbechers und Glasverbot seien immer mit vielen Diskussionen verbunden, erinnert sich Lea Heeg. Der harte Kern bestehe aus etwa 70 Mitgliedern, schätzt sie. Während des Festivals indes wachse die Zahl der Helfer auf etwa 300 an.
Das Fest ist mit den Jahren gewachsen. Um den Andrang einzudämmen, halten sich die Veranstalter mit der Nennung des Termins bis zuletzt sehr bedeckt. Selbst auf den Tourplänen der auftretenden Bands sucht man das Nilkheimer Parkfest vergeblich. Eine erfolgreiche Geheimniskrämerei im Facebook Zeitalter.
Noch heute gibt es politische Gruppen, die auf dem Festival mit Ständen vertreten sind. Doch schon 1975 war den jungen Leuten mehr zum Feiern zumute als zum Wälzen schwerer politischer Themen. Das Angebot, in Gruppen über Politik zu diskutieren, wurde nicht angenommen, hat der Main-Echo Berichterstatter 1975 registriert. Die politische Information fließt auf dem Kommz auf andere Weise, sagt Daniel Damm. Das kann an einem Limonadenstand sein, der auf das Trinkwasser Projekt Viva con Agua aufmerksam macht.
Der Kommz Höhepunkt? »Der schönste Moment im KommzJahr ist für mich, wenn alles aufgebaut ist und der Soundcheck auf der Hauptbühne gemacht wird«, sagt Lea Heeg. Dort laufe dann ein Song, der viele Höhen und Bässe hat. Die ersten Besucher stehen in den Startlöchern: Das Festival kann beginnen. So auch an diesem Freitag… Alexander Bruchlos
Typologie der Kommz Besucher
Der Alt Hippie
Der Alt Hippie, der ein Mal im Jahr seine Wohngemeinschaft in einem abgelegenen Spessart Gehöft verlässt, um im Nilkheimer Park aufzuschlagen, ist selten geworden. In den 80-er und 90-er Jahren prägte diese Kreuzung aus PassionsspielStatist, Spessarträuber und indischem Guru das Parkfest. Umringt von den neuen Wurfzelten wirkt er unter seinem verwitterten Baumwollsegel wie aus der Zeit gefallen.
Der Kommz Veteran
Wie für den Alt-Hippie ist das Nilkheimer Parkfest auch für den Kommz Veteranen der jährliche Höhepunkt. Er kommt seit Jahrzehnten, reist auch von weither an und registriert mit leichtem Bedauern, dass die Besucher »immer jünger« werden und der alte Geist des Kommz verblasst. Als Routinier hat er sein Zelt in Minutenschnelle an seinem Stammplatz aufgebaut. Dann geht’s zum Bierstand. Den Krug gibt er drei Tage lang nicht mehr aus der Hand.
Der Novize
Der Kommz Neuling kommt nie allein. Er erscheint bevorzugt als Teil einer Gruppe. Bei ihm dauert es ein bisschen länger, bis er sein Zelt aufgeschlagen hat. Am Bierstand sorgt er für lange Schlangen, weil er sich das Marken Prinzip erklären lässt. Der Kommz Neuling ist stets ein bisschen lauter und aufgekratzter als der Besucher Durchschnitt. Spätestens am Sonntag hat der Kommz Novize das Prinzip »Kommz« verstanden, sein Smartphone ausgeschaltet und sich auf Festivalniveau akklimatisiert.
Der Heimschläfer
Der Heimschläfer kennt die Zeltstadt nur vom Weg zur Römerbad Disco. Selbst bei brütender Hitze sieht der Heimschläfer noch am dritten Festival Tag aus wie aus dem Ei gepellt. Erkennbar ist der Heimschläfer an stets frisch gewaschenen Haaren, gebügelten Batik T-Shirts, fleckenlosen Hosen und Röcken sowie einem ausgeschlafenen Gesamteindruck.
Der Bierbank Kommzler
Dem Bierbank Kommzler ist das kulturelle Angebot des Festivals schnuppe. Er belegt spätestens am frühen Nachmittag einen Biertisch, den er bis zum frühen Morgen nicht mehr verlässt. Hier plaudert er mit Freunden, die er monatelang nicht mehr gesehen hat. Er besorgt sich schon am Freitag einen meterlangen BiermarkenStreifen und verlässt seinen Platz nur, um sich seinen Krug neu füllen zu lassen. Den Bierbank Kommzler gibt es auch in der Zeltstadt Variante.
Der Musikfan
Der Musikfan tummelt sich drei Tage lang im Umfeld der Hauptbühne herum, blättert unablässig im Programm, um bloß keine Band zu verpassen. Am liebsten sind dem Musikfan die Bands am Vormittag und Nachmittag, die vor überschaubarem Publikum spielen. Allenfalls am späten Abend wagt er sich aus der Defensive und mischt sich unter die Tanzenden vor der Bühne.
Der Nörgler
Der Nörgler ist überzeugt davor, dass beim Kommz früher alles besser war: Die Jugend war politischer, nicht so angepasst und nicht so auf Kommerz aus, die Musik war gehaltvoller, und das Glasflaschenverbot findet er ebenso doof wie die Smartphones der jungen Kommz Besucher. Die Beats im Römerbad sind ihm viel zu laut. Dennoch kommt er Jahr für Jahr wieder in den Park. Schon allein deshalb, damit er was zum Nörgeln hat
Der Kreative
Für den Kreativen ist das dreitägige Kommz ein Hochamt. Er hat seine Gitarre und einige Percussion Instrumente im Gepäck. Er probiert an den Workshopständen sämtliche Techniken aus – vom Modellieren bis zum Freundschaftsbändchenknüpfen. Sein Lieblingsplatz aber ist die Trommelsession unter der Linde am Hintereingang, wo er bis zum Abwinken die Djembe Felle rührt. (ab) |
(Main Echo SAMSTAG/SONNTAG, 2./3. AUGUST 2014)
Startschuss für Parkfest Kommz ASCHAFFENBURG.
Region und Pop aus London ist am Freitagnachmittag das 40. Nilkheimer Parkfest Kommz eröffnet worden. Bis zum Sonntag geben sich in dem Park des Aschaffenburger Stadtteils Musiker vieler Stilrichtungen, Kindertheater Gruppen und DJs ein Stelldichein. Das Programm beginnt heute und morgen um 11 Uhr, Kinderveranstaltungen starten um 14 Uhr. Höhepunkte für die Großen dürften das Konzert der Krautrocklegende Kraan am Samstag um 21 Uhr und der anschließende Auftritt der Desert RockCombo Tamikrest sein. Die Kinder freuen sich auf Kinderrockmusiker Geraldino am Sonntag um 16 Uhr.
»Gänsehaut, wenn wir durch den Park laufen«
Auf einen Kaffee mit…: Robert Schmitt-Plosz und Maria Büttner aus der Kommzgruppe – Das Festival gibt es zum 40. Mal im Nilkheimer Park
ASCHAFFENBURG. Jedes Jahr im August im Nilkheimer Park das selbe Bild: Auf Decken liegen Besucher, vor der Bühne tanzen Paare barfuß, Kinder basteln Fantasietiere, Trommeln pulsieren aus der Zeltstadt, wenn es dunkel wird flimmern 16-Milimeter Filme über ein Laken, Kinder liegen eingemummelt in Schlafsäcken davor. Das Kommz ist kein Fest wie jedes andere. Es ist eines der größten Festivals in Deutschland, das von einer ehrenamtlichen Gruppe organisiert wird und nicht auf Profit ausgelegt ist.
In der Aufbauwoche zum 40. Kommz, während sich der Park in ein alternatives Dorf verwandelt, traf Fee Berthold-Geis Robert Schmitt-Plosz und Maria Büttner auf einen Kaffee. Beide haben beim ersten Parkfestival mitgeholfen – Schmitt-Plosz als 17Jähriger Jugendhausbesucher und Büttner als 20 Jahre alte Jugendhauspraktikantin im Anerkennungsjahr zur Erzieherin – und tun es heute noch. Es schüttet in Strömen, Kinder rutschen lachend über eine Plane, die Erwachsenen hämmern am Bierstand, nähen Windspiele und zimmern den Boden für den Essensstand.
Hätten Sie 1975 gedacht, dass es das Fest 40 Jahre später noch gibt?
Schmitt-Plosz: Nein. Wir standen damals vor etwas Unbekanntem. Das Fest hat sich entwickelt und ich bin saufroh, dass es heute noch so viele Jugendliche mitreißt.
Büttner: Ich hätte das auch nicht gedacht. Ich bin stolz auf dieses Fest, wie es ist und dass wir es in dritter Generation als Gruppe friedlich zusammen stemmen. Es ist jedes Jahr eine Freude, mit welcher Leidenschaft jeder sein Bestes gibt. Es gibt keine Hierarchien. Jeder macht das, was er kann. Ich habe Gänsehaut, wenn ich durch den Park laufe.
Was ist das Geheimnis des Fests?
Büttner: Kommz ist Kult. Das Geheimnis ist, dass das Fest mit den Menschen gemacht wird, die auch Besucher sind. Von anderen Festivals unterscheidet es sich dadurch, dass hier eine große Gruppe dahinter steht, die den Kommzgedanken leben will. In der Gruppe findet sich ein bunter Querschnitt durch die Gesellschaft.
Schmitt-Plosz: Da sind unter anderem Punks, Hip Hopper, Unternehmer und Ärzte dabei. Ich finde das klasse, dass wir Helfer eine gleiche Sprache haben. Man merkt nicht, ob der, der vor dir steht, ein Arzt, Journalist oder Punk ist. Wir haben ein tolles Kinderprogramm. Vielleicht ist das der Grund, warum viele Gäste so lang hierher gehen.
Wie war das erste Parkfest 1975?
Schmitt-Plosz: Beim ersten Kommz war auf der einen Seite des Spiegelsaals die Bühne, auf der anderen die Getränketheke. Das Gelände war also viel kleiner – heute feiern wir ja im ganzen Park. Es gab Bier, Limo und Cola. Bei der Cola hatten wir uns so verkalkuliert, dass wir pro Flasche nur zwei Pfennig verdient haben. Das erste Kommz war eine städtische Veranstaltung, geplant vom Jugendhaus. Es war ein Jugendzentrumstreffen aus dem Rhein-Main Gebiet geplant, daran haben sich Gruppen aus dem Jugendhaus wie das Chile Komitee angeschlossen. Das hatte sich gegründet aufgrund des Militärputsches in Chile am 11. September 1973. Auf dem ersten Kommz hat auch eine chilenische Gruppe gespielt, die extra her geflogen ist.
Jugendliche sollten also selbst etwas auf die Beine stellen?
Büttner: Genau. Wir wurden beim ersten Fest aber sehr beäugt. hinter jedem Baum stand ein Polizei VWBus samt Polizisten mit Fernglas. Wir waren ungefähr 400 Leute und sind bewacht worden von…
Schmitt-Plosz: … ganz so viele Polizisten wie Besucher waren nicht da, aber rund herum war Polizei. Ich habe einmal gehört, dass beim ersten Kommz im Gebiet Aschaffenburg Miltenberg Alarmstufe Rot galt.
War das Fest so gefährlich?
Schmitt-Plosz: Die Polizei hatte Angst vor Woodstock in Aschaffenburg. Weil wir die Misere in Chile bekannt machen wollten, waren wir auf einmal in einer politischen Ecke. Dort haben wir uns aber auch gerne bewegt. Wir hatten viele Auflagen, durften auch nicht im Park schlafen wie heute. Ein Polizist hat mich mal geweckt, weil ich auf der Wiese eingeschlafen bin.
Büttner: Das Besondere am Fest waren die politischen Gruppen, die Infostände gemacht haben.
1977 schloss die Stadt das Jugendhaus. Das Kommz stand vor dem Aus.
Schmitt-Plosz: Der Jugendpfleger Christoph Preuß hatte andere Ideen als die Jugendlichen, die dort viel organisiert hatten. Er wollte mit Jüngeren arbeiten, wir haben nicht mehr ins Programm gepasst. Wir waren 1977 quasi zu alt. Die Kommzgruppe hat gesagt: Ihr könnt uns alles wegnehmen, aber das Fest machen wir weiter.
Büttner: Die politischen Verhältnisse hatten sich geändert. Der SPDBürgermeister Kurt Frenzel, der Referent für Soziales und Jugend, hatte uns die Stange gehalten. Nach der Kommunalwahl hatte die SPD die Mehrheit verloren. Es gab einen neuen CSU Bürgermeister.
Günter Dehn.
Büttner: Genau. Eine seiner ersten Amtshandlungen war, das Jugendhaus zu schließen. Es war die Zeit des Deutschen Herbsts, als die RAF viel Schaden angerichtet hat. Alle waren sehr nervös, haben uns in die gleiche Ecke geschoben. 1978 gab es dann deshalb das erste freie Kommz ohne Unterstützung der Stadt. Es war ein Erfolg.
Später gründete die Gruppe den »Freundeskreis für Kultur«. Der Verein entscheidet basisdemokratisch: Anstrengend, oder?
Büttner: Extrem anstrengend, keine Sitzung unter vier Stunden. (lacht) Es gibt aber immer eine Lösung, obwohl wild und auch laut diskutiert wird. Deshalb gibt es heute unter anderem die »Spaziergänger«, die rund um die Uhr auf dem Fest für die Besucher da sind.
Schmitt-Plosz: Bei uns wird alles ausdiskutiert. Aber wir haben den Grundsatz: Wenn wir merken, dass eine Entscheidung falsch war, haben wir kein Problem, sie wieder zurückzunehmen.
Was ist der größte Erfolg des Kommz?
Schmitt-Plosz: Das Kommz.
Ich dachte, die Ampel, die die Bahnhofstraße mit dem Nilkheimer Park verbindet.
Schmitt-Plosz: Ach, die Ampel war ganz einfach. Wir haben der Stadt gesagt, wir brauchen am Festival eine Ampel an der viel befahrenen Großostheimer Straße. Die Stadt hat gesagt nö. Dann haben wir gesagt, dann stellen wir selbst eine hin und haben ein mobiles Gerät gemietet. Dann hat die Stadt gemerkt, dass das gar nicht schlecht ist. Jetzt verbindet eine feste Ampel den Parkplatz mit dem Park. Und die Stadt hat durch uns den Park als Veranstaltungsraum entdeckt. Im Laufe der Jahre ist die Infrastruktur verbessert worden. Was hatten wir am Anfang für Probleme mit Wasser, Strom, Abwasser und Toiletten! Mittlerweile sind ein Kanal verlegt und ordentliche Stromleitungen.
Damals wurde über Chile diskutiert, ist das Fest heute unpolitisch?
Büttner: Politische Gruppen wie die Antifa und Attac informieren wieder an ihren Ständen. Was in der Welt passiert, ist hier weiter Thema. Heute ist das Fest gesellschaftspolitisch. Wir leben etwas vor. Wir sind ein gemeinnütziger Verein, spenden jedes Jahr 30 000 Euro, behalten nur den Grundstock, um das nächste Fest zu finanzieren. Die Besucher fahren mit der Eintrittskarte umsonst Bus, wir vermeiden Müll. Unser Essen ist bio.
Ihre Vision für das 50. Kommz?
Büttner: Das Kommz wird immer noch leben und gelebt werden – mit genauso viel Begeisterung wie heute.
Früher stand auf den Plakaten »Kommz – Volksfest der Jugend«. Heute kommen alle Altersgruppen.
Schmitt-Plosz: Ich glaube, dass die Jugend noch in allen Köpfen unserer Helfer und Gäste ist. Im Alltag treffe ich oft auf Leute, die im Kopf zubetoniert sind. Menschen, die in den Nilkheimer Park kommen, sind im Herzen jung.
Zu den Personen: Schmitt-Plosz und Büttner
Robert Schmitt-Plosz (57) ist Schlosser beim Wasserund Schifffahrtsamt. Der Hösbacher kümmert sich rund ums Kommz um den Verkehr.
Maria Büttner (59), Lehrerin an der Berufsfachschule für Kinderpflege findet man an der Essenstheke und an der Kasse. |
(Main Echo MONTAG, 4. AUGUST 2014)
Popsongs, Speckstein und friedliche Menschen
Kommz: Gemeinsam entschleunigen und Musik hören – 5000 Besucher im Nilkheimer Park – Auch nach 40 Jahren »der gleiche Flair«
ASCHAFFENBURG. Beim Kommz kommt alles so kunterbunt zusammen, dass es eine Pracht ist: Zwischen den Bäumen des Nilkheimer Parks baumeln LeuchtWürfel und Strickkunst. Unter der Trommellinde spielen junge Hobbymusiker spontan Popsongs. Und an der Bühne umarmt die französische Band nach dem Konzert am Freitagabend die Zuhörer.
Auch nach 40 Jahren treffen sich beim Festival Menschen aller Couleur für ein Wochenende im Park. 5000 Besucher schätzen Steffen Heller und Daniel Damm vom veranstaltenden Verein allein am Samstagabend auf dem Gelände, »alle sehr friedlich«.
Vielfalt auf der Bühne
Doch angefangen bei Heribert Heeg. Der Holzbildhauer zeigt Kindern, wie sie aus Speckstein Herzchen und Anhänger schleifen. Als er mit 16 das erste Mal im Park war, »waren vielleicht 1000 Leute da«, erinnert sich der 53Jährige. Heeg deutet mit einer Hand über den Bereich, wo Kinder töpfern, klettern und malen. Hier sei früher noch nichts gewesen. Er sei seit damals fast jedes Jahr zum Kommz gegangen, weil es »alle Möglichkeiten bietet, sich künstlerisch zu betätigen«.
Die Vielfalt zeigt sich auf der Bühne: Dort spielt mal französischer Vorstadt Rap, dann eine Tuareg Band aus der Sahara oder die deutsche ReggaeGruppe Dubtari. Die Zuhörer sind ebenso bunt gemischt: Zur schnellen Musik hüpfen graue Locken wie Dreadlocks auf und ab, zu langsamen Stücken kreisen Köpfe mit Blumen im Haar oder mit Baseballcaps.
Kinder auf Augenhöhe
Jungrocker üben sich bei der Band Dunnäkeil auf der Luftgitarre. Thomas Becker, Sänger der Elsenfelder Gruppe, geht beim Singen in die Hocke, ist mit den Kindern auf Augenhöhe. Einen Knirps holt Becker auf die Bühne, damit er den »Schlagzeugroboter« Daniel Schwarzkopf bedient. Der Bub gibt ihm einen Klaps auf den Rücken und der nächste Song beginnt: »Was auf dem Boden liegt, das hebt man nicht auf«, singt Becker. An seiner Seite stimmen Gitarrist Max Klug und Bassist Stefan Lang zum Rhythmus ein.
Weiter hinten lauschen Mütter mit Babys von ihren Decken aus. »Beim Kommz kann man einfach mal ein bisschen entschleunigen«, sagt Heribert Heeg. Käthe Lieder glaubt jedoch, dass sich die Kultur gewandelt habe: Manche Jugendliche seien heute »konsumorientierter«. Die 70-Jährige verkauft seit 30 Jahren Trödel auf dem Kommz. Mit dem Geld hilft sie Menschen im Gefängnis.
Früher, sagt Lieder, hatten die jungen Menschen Spaß beim töpfern und malen. Heute schauten einige ständig auf das Programm und danach, wo es das billigere Bier gebe. Über all die Jahre habe sich aber eines nicht geändert: »Der Flair bleibt.«
Was sagen die jungen Menschen dazu? »Man kann hier einfach mal die Umwelt verblassen lassen«, philosophiert der 18-jährige Lukas Lorenz. »Das heißt, einfach mal abschalten, mit Freunden zusammen sitzen«, übersetzt Robin Zimmermann (19) die Worte seines Kumpels. »Das Wichtigste am Kommz ist das Gemeinschaftliche«, erklärt der 19-Jährige.
Die Zwei holen sich gerade einen »Kommzler«. »Das ist ein Döner mit Burger innendrin«, sagt Lukas Lorenz. »Sehr empfehlenswert.« Robin Zimmermann reibt sich den Bauch. Auch für das leibliche Wohl ist auf dem Kommz gesorgt. (Kevin Zahn)
Kurzkritik: Kraan gegen Sweat
Die Jazzrocker Kraan, gegründet 1970, haben sich längst deutschlandweit einen Namen erspielt. Die jungen House DJs von Sweat sind immerhin schon bei jungen Aschaffenburgern gut bekannt. Welcher Auftritt war am Samstag auf dem Kommz hörenswerter?
Kraan gelten als Meister des Crescendo: Sie verstehen es, ihre Songs aufzubauen, immer weiter in die Höhe zu treiben und vergessen dazwischen nicht, auch ruhigere melodische Motive einzubauen. Sweat treffen den Nerv der Jugend: Die Beats, der Rhythmus, der Bass machen den Zuhörern gute Laune. Kraan versetzen manchen Zuhörer zurück in die 70-er und 80-er Jahre. Die Tanzschritte von damals rief die Musik jedoch nicht ins Gedächtnis. Die jüngeren Sweat Fans haben wohl den Tanzkurs geschwänzt. Nicht so wichtig: Die Sektbar ist so voll, dass für Bewegungen kaum Raum bleibt.
Anhänger der House Musik können abwesenden Altersgenossen mindestens noch die ganze nächste Woche von den DJs vorschwärmen. Nostalgiker dürfen dagegen behaupten, auf dem letzten Konzert von Kraan gewesen zu sein. Zumindest lockte dieses Gerücht am Wochenende manchen Besucher auf dem Festgelände. Jedoch: Laut Wikipedia hat die Band ihr Abschiedskonzert bereits 2013 gegeben, laut Band Homepage stehen dagegen bereits weitere Auftritte an. (kev)
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